Kamenzer Diakonie hat neue Räume der Begegnung
An der Fichtestraße in Kamenz hat die Diakonie einen Treffpunkt geschaffen - für bereits bestehende Gruppen, aber auch neue Angebote sind geplant.
Kamenz. Auf dem Tisch hat Carmen Katholing Brötchen mit Ei und Tomaten drapiert. „Manchmal gibt es auch Hackepeter“, sagt sie. Kaffeeduft zieht durch
die Räume und mischt sich in den Geruch nach frischer Farbe. In den neuen Räumen des Diakonischen Werkes in Kamenz auf der Fichtestraße ist Stammtisch
angesagt – alkoholfreier wohlgemerkt.
Sie sei seit über zehn Jahren trocken, erzählt Carmen Katholing und freut sich zugleich über die neuen Räume. „Wirklich schön geworden, zum Wohlfühlen“, sagt sie.
Der "Alkoholfreie Stammtisch" trifft sich seit über 25 Jahren, Carmen Katholing ist seit sechs Jahren dabei. Die Runde sei mal größer, mal kleiner. Aber oft seien es mehr als zehn Frauen und Männer, die ihre Erfahrungen mit Alkohol hinter sich haben.
Die Diakonie habe sie gerettet, ist sich Carmen Katholing sicher, und so sei sie immer noch regelmäßig hier. Gern kümmere sie sich um die Versorgung beim Stammtisch. Dort wird über alltägliche Dinge geschwatzt, den Garten, das Einkaufen, die Familie. Die Frauen und Männer kommen, um sich auszutauschen oder um sich Mut zu machen.
Lotterie Glücksspirale hat den Umbau unterstützt.
Am Freitag zum Hoffest werden die neuen Räume offiziell eingeweiht. Sie sind hell und luftig, mit neuer Küche, einem behindertengerechten Sanitärraum, mit
anthrazitfarbenen Fliesen im Flur, der Boden im großen Begegnungsraum in Holzoptik.
Simone Mattukat, die Leiterin der Suchtberatungsstelle in Kamenz, zeigt, was entstanden ist. Über 60.000 Euro habe die Diakonie investiert. Möglich wurde
der Umbau auch dank der Unterstützung durch die Glücksspirale. Die Lotterie schoss 25.000 Euro für das Projekt zu, wofür man sehr dankbar sei.
Platz für die neuen Begegnungsräume in dem leuchtend-gelben Flachbau hinterm Haupthaus an der Fichtestraße entstand durch den Umzug der Geschäftsstelle
des Diakonischen Werkes Kamenz. Die hat inzwischen ihren Sitz in Königsbrück.
Auch Angebote für Familien in neuen Räumen geplant
Der Treff im Flachbau ist wie Tag und Nacht zu den früheren Räumen nebenan. Zu DDR-Zeiten trafen sich in der Villa die Pioniere. Jetzt finden die Kamenzer
hier Beratungsangebote vom Erdgeschoss bis unters Dach: für Menschen mit Suchtproblemen, für Schwangere und Familien sowie weitere Beratungsangebote
wie die Kirchenbezirkssozialarbeit. Ganz unten im Keller war bisher der Treff für den Stammtisch und Selbsthilfegruppen.
Eine steile Treppe führt hinab, für Gehbehinderte unüberwindbar. Der muffige Geruch verschlägt einem fast den Atem, und düster ist es da unten. In den
Wänden steckt die Nässe, Farbe blättert ab. Der Putz musste teilweise abgehackt werden. Keine optimale Umgebung. Die Kellerräume seien auch nicht
kindgerecht, schätzt Simone Mattukat ein und denkt dabei an Projekte, die eben deshalb bisher nicht möglich waren, aber in Zukunft im umgebauten Flachbau
realisiert werden sollen.
So soll im Zusammenspiel der Beratungsdienste etwas für Familien und Kinder entstehen. Einen Elterntreff kann sich Simone Mattukat vorstellen oder einen
Eltern-Kind-Kreis, möglicherweise mit dem Schwerpunkt suchtkranke Eltern. Für solche Ideen seien jetzt die Voraussetzungen geschaffen. Auch für
Infoveranstaltungen oder präventive Arbeit mit Schülern seien die neuen Räume geeignet.
Drei Brüder an den Alkohol verloren
Die Stammtischrunde zieht es unterdessen doch lieber hinaus in die Sonne, während drinnen die nächste Kanne Kaffee durchläuft. „Wir waren zwölf Kinder“,
erzählt Carmen Katholing von sich, „die Eltern Alkoholiker, mit 18 bin ich zu Hause rausgeflogen. Das Leben war einfach sch…“, ihr Freundeskreis sei damals
auch nicht hilfreich gewesen. Dann habe sie furchtbar abgebaut. „Ich hatte Todesangst.“ Da habe sie die Notbremse gezogen und bei der Diakonie Hilfe gesucht.
Die Therapie sei hart gewesen. Aber sie habe an ihre Kinder gedacht, die sie nicht ohne Mutter zurücklassen wollte. Drei Brüder habe sie an den Alkohol
verloren. „Lasst die Finger davon“, sagt Carmen Katholing eindringlich. Sie sei schon ein bisschen stolz, es geschafft zu haben, vom Alkohol wegzukommen.
So wird sie auch weiterhin zum "Alkoholfreien Stammtisch" kommen, der sich jeden Dienstag und Donnerstag bei der Diakonie trifft - und diesmal auch am
Freitag zum Hoffest. Dann können die Räume besichtigt werden. Besucher erfahren zudem Wissenswertes über Ohr-Akupunktur, können sich über
Hilfsangebote informieren, und der Stammtisch schenkt Cocktails aus – alkoholfreie natürlich. Die haben so blumige Namen wie Anna Klara oder Grüne
Ottilie mit Waldmeister, Ananas und Grapefruit.
Hoffest am 16. Juni, ab 14.30 mit Puppenspiel, 15 Uhr und 17 Uhr Konzert mit Suena Flamenco Duo
Bei einem Malprojekt wird ein Mosaikbild für die Räume der Begegnung gestaltet.