Missionshof Lieske: "Hier wird Inklusion gelebt"

Lieske. Hubertus Delenk steht seit vier Monaten im Dienst des Missionshofes Lieske. Vier Monate, die den 44-Jährigen gefordert, aber auch glücklich gemacht haben. Denn er merkte schnell: "Hier bin ich genau richtig!" Der gelernte Forstwirt und studierte Diplomingenieur für Holz- und Faserwerkstofftechnik übernahm am 1. September 2022 die Leitung der Behindertenwerkstatt des Missionshofes.

Sein Vorgänger Gerold Wels ging im letzten Sommer in den Ruhestand - nach über 40 Arbeitsjahren. "Seine hervorragende Arbeit wirkt noch in allen Bereichen nach", sagt Hubertus Delenk dankbar. Vom gesamten Team sei er als Neuer mittlerweile herzlich aufgenommen und bestens eingearbeitet worden.

Aufregend sei das ungewohnte Terrain für ihn anfangs trotzdem gewesen. "Nach meinem Studium in Dresden war ich bislang eher in der Wissenschaftsbranche unterwegs, das hier ist nun die absolute Praxis. Und ich bin sehr glücklich damit", sagt Delenk.

Sorbische Wurzeln liegen in Nebelschütz

Als er im letzten Frühjahr zum ersten Vorstellungsgespräch auf den Missionshof fuhr, habe er sofort gewusst, dass er den Job unbedingt will. "Ehrlich gesagt, war ich vorher nicht einmal hier gewesen", räumt er ein. Aber natürlich sei ihm die Einrichtung ein Begriff gewesen. "Lieske hat einen Namen, den kennt man einfach", meint Hubertus Delenk.

Und seine Wurzeln liegen ja auch nur ein paar Kilometer weiter im nahen Nebelschütz, wo er aufwuchs. Mittlerweile wohnt der dreifache Vater mit seiner Familie schon wieder einige Jahre in Panschwitz-Kuckau. Nach dem Studium hatten sie längere Zeit in der Landeshauptstadt ihren Lebensmittelpunkt. Doch näher an die Heimat zurück, war immer der Plan.

Dabei hatte der 44-Jährige in Dresden eine weitere Berufung gefunden: den E-Rolli-Fußball. Er trainierte und betreute über lange Zeit eine Mannschaft. "Dafür bleibt nun leider weniger Zeit übrig", sagt er. Doch dieses Engagement mit den behinderten Sportlern war es, welches Hubertus Delenk letztendlich auch in Sachen Job umdenken ließ. "Das Technische mit dem Sozialen verbinden, war mein großer Wunsch", sagt er. Deswegen bewarb er sich auch auf die Stellenausschreibung in Lieske.

Missionshof bietet viele Betätigungsfelder

Hier arbeiten in der Werkstatt - einer Einrichtung der Behindertenhilfe des Diakonischen Werkes Kamenz - aktuell 78 Menschen mit Behinderung unter fachlicher Anleitung von 18 Betreuern. Entsprechend ihren individuellen Ressourcen werden sie in den Arbeitsbereichen Land- und Forstwirtschaft, Fleischerei, Brauerei, Arbeitstherapie und Montage, Garten- und Landschaftspflege, Hauswirtschaft sowie Holzverarbeitung eingeteilt.

"Letzteres ist natürlich ein bisschen mein Steckenpferd, denn aus der Branche komme ich schließlich", sagt Delenk. Gern schaue er deshalb bei den Arbeitern in der Holzwerkstatt vorbei. Hier werden beispielsweise auch die Kult-Bierkästen für das hauseigene Liesker Bier hergestellt. "Das trinkt man übrigens auch gern in Dresden", sagt der Werkstattleiter lachend.

Die rustikalen Bierkästen für das Liesker "Bergschlösschen"-Pils werden auch auf dem Missionshof gefertigt. © Matthias Schumann

Auch Teichwirtschaft wird vom Missionshof betrieben. Kurz vor Weihnachten wurden wieder mehr als eine Tonne Karpfen aus insgesamt drei Teichen geerntet. Und im Stall stehen momentan 90 Mastbullen. Auch eine freilebende Galloway-Rinderherde gehört dazu. Vor allem Behinderte mit einer engen Bindung an die Natur und das dörfliche Leben finden hier interessante Betätigungsfelder.

Was dabei herauskommt, wissen viele zu schätzen. So bilden sich vor dem Hofladen und der Brauerei freitags und sonnabends regelmäßig lange Schlangen. Neben den Fleisch- und Wurstwaren vom Missionshof werden hier auch Produkte der Bäckerei Ermer, vom Bauern- und Gemüsehof Domanja und der Krabat Milchwelt Kotten angeboten.

"Ich denke, der Missionshof hat Vorbildcharakter"

"Mir imponiert das gesamte Konzept des Missionshofes von Anfang an", sagt Hubertus Delenk. Wohnen, arbeiten und gemeinsam Freizeit erleben an einem Ort - das findet man nicht so oft in der Region. "Es ist alles sehr stimmig. Ich denke, dass der Missionshof Vorbildcharakter hat. Hier wird Inklusion gelebt", sagt der Sorbe. Auch der praktizierte christliche Alltag gefalle ihm.

66 der 78 Menschen mit Behinderung wohnen dauerhaft auf dem Areal. Nur zwölf werden morgens mit dem Fahrservice zur Arbeit gebracht. "Die Werkstattmitarbeiter erfahren hier echte Teilhabe am Berufsleben. Unter ihnen befinden sich auch vier Mitarbeiter im Berufsbildungsbereich", erzählt der neue Werkstattleiter.

Sein Fokus liegt aktuell auf dem Erhalt des Bestandes. "So verbraucht zum Beispiel das Sägewerk relativ viel Strom. Insgesamt werden wir energetisch umdenken müssen", sagt Delenk. Zuerst wolle man unter anderem hohe Stromspitzen senken. Auch in der Landwirtschaft werde es langfristig zu Veränderungen kommen durch die Witterungsverhältnisse. Ein langfristig kluges Kalkül sei gefragt. Hubert Delenk und sein Team haben gut zu tun.

Dieser Artikel erschien in der Sächsischen Zeitung am 04.01.2023 und wurde von Ina Förster verfasst.

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